Fischhaut…Romben,Linien,Formen…Zweck oder nur schön?

spec-mittlere-webansicht-mittlere-webansicht.jpg

fhtitel4-mittlere-webansicht.jpg

Unverzichtbar beim blumigen Anpreisen eine Flinte oder Büchse ist die Fischhaut.

…sorgfältigst Handgeschnitten von fleißigen Elfen des Handwerks…
…einmalig in Ihrer innovativen Form der Schlangenlinie…
…wertsteigernd als noble Schaftverschneidung…
…sichert eine guten Halt der Waffe…

Ok…where’s the beef ?

Eine Fischhaut ist nichts anderes, als eine Fläche am Schaft, die durch Bearbeitung besonders griffig sein soll.
Soweit die Theorie des Zweckes.
Die Realität ist etwas flexibler… 😉

fh2a-mittlere-webansicht.jpg
Die Linien die in das Holz geschnitten oder gepresst werden, dienen heute vorwiegend als Verzierung.
Wenn sie wirklich mehr Griffigkeit geben, sind sie scharf pointiert und weniger eng geschnitten, als eine Fischhaut, die nur auf Optik ausgelegt ist.

Bei der Fischhaut misst man international die geschnittenen Linien auf (z.B.) einem Zoll.
D.H. eine 20er Fischhaut weist 20 Schnittlinien pro 25,4mm auf.

Der Unterschied zwischen der fabrikmäßig geschnittenen 20LPI und einer handgeschnittenen
24LPI fällt manchmal gar nicht auf (ausser auf dem Kontoauszug).

Traditionelle Handwerker schneiden Fischhäute mit Fischhauteisen.
Eine langwierige und sehr kunstvolle Arbeit,bei der natürlich die Feinheit der Arbeit,also die Anzahl der geschnittenen Linien und die Unterbrechungen durch breite Schwunglinien auch als Qualitätsmerkmal dient.

Die Fischhauteisen werden heute abgelöst von elektrischen Schneidern und in der Massenproduktion wird auch gerne in das Holz einfach ein Muster gepresst.
Die neuen Arbeitsmethoden bilden die Basis für allerlei Formen und kunstvolle Linienführungen und seit die Lasertechnologie auch komplexe Figuren zum Bruchteil der Handarbeit möglich macht,ist der Kreativität eigentlich keine Grenze gesetzt.
Merkwürdig, dass den Designern nicht wirklich mal was neues einfällt.

Nichts wirklich neues,denn schon in den 70 und 80ern versahen Remington ,Winchester und andere ihre Schäfte mit gepressten Flechtmustern,scheußlichen ,aber damals modernen Blumenranken und viel Schnickschnack mehr.

Bessere Griffigkeit brachte das damals auch nicht, aber man war sowieso „Flower Power“ ,“Afri Cola“ und ein bischen Bluna.

Bei uns blühte damals die schottische Fischhaut auf Schäften mit extra großen Romben und gab ,sofern wirklich geschnitten, ein Mehr an Griffigkeit aber nicht gerade den Stil ,den man mit der Jagd auf dem Hochland assoziiert.

fh4a-mittlere-webansicht.jpg

Schön ist, was gefällt und wofür man bereit ist ,zu bezahlen.
Doch die Funktion?
Adhäsion(Haftung) ist da von Nöten, wo feuchte Hände die Waffe nicht mehr sicher halten können.
Die maximale Griffigkeit eines Waffenschaftes erreicht man bei Holz wohl am ehesten, durch das Punzieren.
Eine wenig edle,eher brutale, Aufrauung des Holzes, die aber der Hand ein Maximum an Adhäsion bringt, sofern sie grob genug gearbeitet wurde.
Ansonsten dient sie als Hintergrund und Lückenfüller für Verschneidungen .

fh5a-mittlere-webansicht.jpg

Wer wirklich eine Griffunterstützung braucht, ist damit sehr gut aufgehoben.
IPSC Schützen und Freunde des Kunststoffschaftes haben sich andere Möglichkeiten ausgedacht,die Grifffläche rutschfest zu machen.
Sie benutzten Skate board tape (rau wie Schmirgelpapier) an Pistolengriffen und an Gewehrschäften werden raue Texturen geklebt oder schlicht Schrumpflacke aufgetragen.

Manche Erfinder glauben sich beim Flintenschaft-Design an den diabolopubsenden politisch korrigierten Schieß-Gehhilfen der LG-schützen orientieren zu müssen, um auch endlich aus der Flinte ein medien-entschuldbares DSB-Sportgerät mendeln zu können.
Da passt natürlich die punzierte Fläche zum evolutionären Gesamtbild.

So manchem fällt dabei eher ein Satz von Schustern und ihren Leisten ein ,als eine Verbindung zu edlen Flinten zu finden.

Extrem-Schützen die Jahr für Jahr nach Cordoba fliegen ,um dort Tausende von Schuß auf Tauben abzugeben, bevorzugen glatte Schäfte und den Einsatz von Handschuhen.

Schon manch einer dieser Jäger flog mit einer nagelneuen Flinte mit handgeschnittener Fischhaut nach Argentinien und liess nach ein paar Tagen einfach die schönen Romben alle abschmirgeln.Die hatten ihm bei den heißen Schießereien nämlich eine Menge Pflaster an den wunden Händen eingebracht.

fhtools1a-mittlere-webansicht.jpg

Aber Jaaaa.
Natürlich sieht das „bewußte Nichts“ an einer schönen Flinte erst mal ungewöhnlich aus.
Aber mal zugegeben: die fabrikmäßig eingepresste 08 15 Fischhaut reißt einen auch nicht vom Hocker…oder das „schottische“ Muster der 70er Jahre,oder die gepresste Schuppen aus Anatolien….. brrrrrrr

Kommt dazu, dass viele Fischhäute regelrecht kaputtgepflegt werden, in dem man sie und ihre Spitzen mit Schaftol , Lack und natürlich dem Zahn der Zeit rundbügelt.

Braucht man sie also wirklich?
Ich glaube: eher nein!
Die maximale Griffigkeit an einem Gewehrschaft erreicht man mittels eines dünnen Schieß- oder Golfhandschuhes, der auf glattem Holz absolut verrutschsicheren Halt gibt.
…Ob die Hände eines Jägers heute noch mit, Blut, Schweiß und Öl soweit verschmiert sind ,dass er die Waffe nicht sicher beim Angriff der Kampfwusel halten kann, und dazu nicht mal einen Lappen zum Fingerbawischen dabei hat.
…Ob feinste Fischhaut dem Sportler bei Stressschweiß doch mehr Halt gibt,oder eine punzierte Oberfläche,ein Handtuch oder eine Schießhandschuh nicht bessere Dienste erfüllen…

Sicherheitsdienste die auf Schiffen Dienst tun,schwören auf rauhe Texturen mit denen die Schäfte beschichtet werden.
Zurecht,denn dort ist Feuchtigkeit,Öl und Schmutz all überall…doch wer von uns fährt schon mit der Flinte zur See auf Pirsch nach Piraten?

Wir als „normalos“, wollen einen „hübschen“ Schaft an unseren Jagd und Sportflinten.
Dort kommt eine edle Holzmaserung OHNE Fischhaut oft viel besser zum Ausdruck, als mit ein paar lieblos und phantasielos geritzten Fabriklinien, spinösen Laserkrakeleien oder mottenkistigem Eichenlaub.

Wenn Sie also gerade dabei sind, sich einen Maßschaft fertigen zu lassen, oder einen alten Schaft aufarbeiten, überlegen Sie mal, ob das Ganze nicht besser OHNE aussehen würde oder holen Sie sich ein paar Inspirationen bei Künstlern,die Fischhaut und Schaftverschneidung auf ihre eigene Weise interpretieren.

Hier zwei Beispiele :

Franz Haas

Mario Sommer

…vor allem lassen die beiden die barocken röhrenden Hirsche,suhlenden Schweine und flatternden Hühner dort wo sie hingehören…in der Natur 😉

und hier noch einer aus seiner eigene Liga

HOFER

fhtitel8-mittlere-webansicht.jpg

Wie immer …nichts ist individueller, als die Flinte in ihrer Einfachheit: Jedem Hirsch sein Geweih,jedem Kind seinen Luftballon !
Geschmack ist was gefällt.

Und für denjenigen dem es minimalistisch mit Optimierung des Holzcharakters gefällt:
Ein gutes Finish ,professionell aufgetragen und feinst poliert, machte schon oft aus einem alten zugesaberten Ölschaft ein kleines Schmuckstück.

Bunduki

Dieser Beitrag wurde unter Bundukis Flintenlehre, guns and gear veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar