Abra Kadarbra…Simsalabim…fauler Flinten Zauber?

Willkommen im Flintenblog…

Wir erinnern uns:

Der gute Harry Potter wurde zum Zauberer erwählt und in die Winkelgasse zu Mr.Olivander
geschickt, um sich seinen Zauberstab zu kaufen.
Der gute Olivander suchte aus seiner großen Auswahl und fand den passenden Stab für den angehenden Magier.
Der erste Zauberschwung Harry’s allerdings, verwandelte Olivander’s Geschäft in ein heilloses Chaos… Harry musste die Zauberkunst eben erst erlernen, der Besitz eines tollen Stabes allein machte ihn noch nicht zum Zauberer.
Viele Jahre vergingen und Harry lernte Bescheidenheit, seine eigenen Kräfte und die Grundlagen der Magie zu beherrschen.
Aber er lernte auch, sich vor der dunklen Macht zu hüten, welche so viel versprach, alles einfacher machte und doch nur böser Hokus Pokus von üblen Gespenstern war.

Auch der Flintenschütze, der sich seine erste Flinte kauft, steht vor der Aufgabe sich zu entscheiden, seine Flintenkunst zu erlernen oder den dunklen Mächten anheim zu fallen .

Die Dunkle Machte heißt nur nicht Lord Woldemort, sondern Werbung .
Sie verspricht alles und hält wenig, aber sie hat für alles immer eine einfache Lösung:
Kaufen statt Lernen!

Treffen ohne Training ,ohne Grundkenntnisse des Flintenschießens, ohne Berücksichtigung der Augendominanz?
Aber JA! Schließlich stand es so sogar in einer deutschen Jagdzeitschrift…um Zubehör aus dem eigenen Online-Shop für Jungschütze, anzupreisen…

„Du mußt versteh!n!
Aus Eins mach Zehn,
Und Zwei laß geh’n,
Und Drei mach gleich,
So bist Du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex‘,
Mach Sieben und Acht,
So ist’s vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Zehn ist keins.
Das ist das Flinten-Einmaleins!“

Man schraubt sich ein 10 cm langes Leuchtkorn auf die Schiene…
Man klemmt ein, mal billiges (China-produkt), mal teures Dotvisier (auch Asien… aber „guter deutscher Name“) auf die Waffe…
Man setzt einen kleinen Magnetring auf die Basküle…
…und schwupps : kein passender Anschlag mehr nötig, kein gleichmäßiger Schwung notwendig…alles paralaxefrei und auf alle Entfernungen und bei allen Gelegenheiten, das „beste „ was der Markt zu bieten hat…bis das nächste Gimmik angeboten wird.

Und wenn das nicht funktioniert und der Geldbeutel samt Ego es hergeben,braucht’s den Maßschaft…die ultimative Möglichkeit Treffer zu kaufen!
Das dann noch mit der schnellsten Zündverzugszeit im Schloss und der 1,5 mm niedrigeren Basküle kombiniert: Treffen ist ja so leicht!

Und wenn’s doch nicht klappt: Dann klemmen wir eine Videokamera UNTER den Lauf, um per passender APP zu sehen WO wir vorbeigeschossen haben…Hurra und Heureka… die Ente fliegt weiter und lacht…aber Hauptsache für den Schützen : „ich bin doch nicht blöd“!

Nun gibt es hie und da kleine Wermutstropfen:
z.B. …visiert man nicht mit dem Korn und auch nicht mit einer Visierung auf das Ziel, sondern das Auge fokussiert allein das Ziel und weder Schiene, Korn, Visier, noch irgend ein anderer Schnickschnack auf der Flinte, sollten dabei das zu verarbeitende Bild stören.
Und die Kamera zeigt nur dass danebengeschossen wurde, aber nicht warum…denn wenn die Kamera die richtig Position hätte ,wäre sie dort, wo das menschliche Auge sitzt um Geschwindigkeit und Flugbahn des Zieles zu analysieren und dies dann mittels Gehirn, Synapsen und Muskeln in die passende Bewegung umzusetzen.
Darüber hinaus ist der Blick aus dem Kellerfenster ,selbst mit Weitwinkelobjektiv,ein anderer, als der vom Dachgeschoß.
Konsequent umgesetzt, wird nur eine Kamera in einer Brille(also direkt am Auge) annähernd das Zielbild des Schützen produzieren.

Nichts gegen technische Spielereien. Schon der verstorbene Tom Knapp hat mit Kameras AUF der Waffe experimentiert und konnte so vielen Schützen SEIN Trefferbild vermitteln.
Golfer trainieren seit Jahren ihren Schwung mitttels Kamera,Rasterunterlegung und Slow-Motion, um
den Bewegungsablauf des Schwunges zu optimieren.

Doch neben dem Timing des Schwunges gibt es eben noch eine Vielzahl anderer Kriterien, die das Treffen beeinflussen.
Liegt die Wange am Schaft, sitzt der Schaft an der richtige Position der Schultertasche, sind Schultern entspannt oder verzogen, greift die Führhand zu kurz??? …dies und vieles mehr kann keine Waffenkamera zeigen.

Die dunkle Macht verführt zu den „schnellsten“ Patronen auf dem Markt, solche, die scheinbar von allein treffen, weil sie sind ja soooo schnell.
Das die Daten auf den Schachteln oft unwirkliche Angaben auf Messläufen sind, deren ballistische Innenmaße mit der Flinte des Käufers nichts gemein haben…das 30 m/sec an der Mündung gemessen, keinen schlechten Schwung oder ein fehlerhaftes Zielbild ausgleichen können, verrät der Werbeaufdruck nicht.

Und erst die Chokes!!!
Mal lang, mal kurz ,mal mit, mal ohne Komp-bohrungen, mal aus Titan, dann aus Stainless-Steel, dann wieder brüniert, aber mit Farbmarkierungen, dann wieder titannitrierte Customchokes vom Edelhersteller aus Italien, England oder den USA…usw.usw.usw.
Und das tragische daran: gute Chokes können eine Waffe wirklich universeller machen, sie an die unterschiedlichsten Aufgaben und Umstände anpassen.Die Auswahl sollte sich aber nach der individuellen Zielsetzung des Schützenrichten und an Tests mit der eigenen Waffe orientieren.
Jedes Ergebnis setzt sich aus Chokekonstriktion (Innendesign)Laufkonfiguration (Innenmaße und Übergangskonus) und den Patroneneigenschaften (Vorlage,Korngröße,Kornmaterial undZwischenmittel)zusammen.
Solch ein verwertbares Ergebnis entsteht nur an der Anschusswand (InRealLive), mit viel Aufwand und Geduld…nicht per Preisliste, bunten Tabellen oder der „Empfehlung“ eines anonymen Internetforenposters hinter dem sich sowohl ein 15jähriger Nerd,als auch der Vermarkter eines Händlers verstecken kann.

Es werden schöne, extrem hohe Schienen zum nachträglichen Montage für die Sportflinte angeboten, solche, die natürlich das richtige „Olympia-feeling“ geben.
Nicht gesagt wird, dass nur wenige Schützen diese Schienen positiv nützen können und wenn ,dann nur durch eine entsprechende (teure) Anpassung des Schaftes, an die veränderte Trefferzone und den entsprechenden Anschlag.
Egal,denn die bezahlten und unbezahlten Claquere der Industrie zwitschern (oder heißt das jetzt „twittern“) verzückt und begeistert.
Schöne und unschöne Gewichte werden zur Montage angeboten, denn „der Schwung muss optimiert“ werden…
Man diskutiert heiß um jedes Gramm, welches mehr oder weniger „Schwung bringt“, man schwärmt von Titanchokes, weil sie so leicht sind ,dass sie die Balance nicht stören ,schraubt dann aber Laufgewichte an die Mündung.
Man „balanced“ im Schaft, im Pistolengriff und im Vorderschaft; wahlweise mit Edelstahlgewichten für die Upperclass und mit Bleieinlagen für’s ordinäre Flintenvolk, man klemmt hässlichste Gewichte an die Läufe feinster Flinten und hofft auf:
… Ablass für hektische Bewegungen????
Dass sich der Körper ,damit der Schwung, an fast jedes Waffengewicht adaptiert, ja, sich so sehr dran gewöhnt, dass man bald noch ein wenig mehr Gewicht nachlegen muss, wird verschwiegen.
Dabei könnte der Schütze die Gleichmäßigkeit seines Schwunges einfach durch Körperhaltung und Stressverarbeitung beeinflussen…aber das braucht Einsicht, Rat und Geduld.

Natürlich gibt’s Qualitätsunterschiede bei Flinten…gewaltige sogar,
desgleichen bei Munition, Brillen, Gehörschützern .
Klar ist so manches Zubehörteil eher harmloser Luxus und Spielerei und so manches Mal auch Ausdruck liebenswerter Marotten.
Natürlich soll der Schaft den Anschlag und den Schwung nicht behindern, sondern mit seinen Dimensionen unterstützen und die Balance der Waffe harmonisch in Kraft,Bewegung und Waffengewicht zu befördern.
Aber nicht alles, vielleicht nicht mal besonders viel von dem, was uns Werbemagazine versprechen, Verkäufer vorhersagen und Zeitschriften und Internetportale als MUSS (neudeutsch: „musthave“) ans Herz legen, bringt einen ambitionierten Schützen weiter.
Einige freut’s aber ganz besonders:
Die VooDoo-Priester der Flintengemeinde:

Einsicht braucht es, um bei dieser unheiligen Allianz aus Gschäftlmachern, Lohnschreibern und Internetschwadroneuren den Durchblick zu behalten.
So können Kameras an Flinten sehr nützlich sein: für hochqualifizierte Leistungssportler die „Feintuning“ am Timing betreiben.
Auch können Dotvisiere oder Ghostringsights an IPSC-Flinten ihre Stärken bei punktuellen Schießen ausspielen und ein Maßschaft an einer Flinte den gewohnten Anschlag bestens unterstützen.

Doch bei allem: Nie wurde ein Treffer gekauft…und die von den Flintengöttern geschenkten, nennen sich: Glückstreffer!

Neben der Einsicht, dass die dunkle Macht nur das beste ,also den Geldbeutel des Schützen will, gehört als langfristiger Schutz vor der heute allgegenwärtigen Beutelschneiderei, ein solides Grundwissen , als Kern jeder Flintenausbildung,angelegt!
Flintenwissen!
Wie funktioniert das mit dem Treffen überhaupt?
Was ist Schwung, Anschlag und welche Rolle spielt meine Flinte und deren Technik?
Wie lernt man „Ziele lesen“?
Wie lernt man „treffen-sehen“
Setzt man sich damit auseinander, stellt man schnell fest, immun gegen das Dampfgeplauder der Werbung zu werden und begegnet ihm mit mächtigten Waffen: Wissen und Erkenntnis.
Letzter wird einem zeigen, dass Material zweitrangig ist und vor allem der Mensch, mit seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, der Kern des Treffens mit der Flinte ist.

“The more I learn,the less I know“ stammt zwar nicht von Harry Potter,zeigt aber die Bereitschaft zum Lernen und die Demut, die unseren Sport und die Jagd mit der Flinte seit seinen Ursprüngen zierte.

In diesem Sinne:
Allen Lesern eine trefferreiche und Spasserfüllt Saison 2014

Bunduki

PS:
…und wer nicht laut ausspricht ,wenn der Kaiser keine Kleider trägt,der darf sich nicht wundern, wenn er vom selben Kaiser bis aufs Hemd ausgezogen wird.

Zitat:Hexeneinmaleins: J.W.v.Goethe
Bilder: Studio B.Bumi

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