Jäger sein, Jäger scheinen, Jäger werden…

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In einem Forum brachte ein Bekannter eine recht interessante aber auch provokante Frage auf die Tagesordnung.

Ist man Jäger mit der Jägerprüfung und dem Jagdschein?
Heftigst wurde diskutiert, analysiert und oft sehr ehrlich geantwortet.
Wundersamerweise hielten sich einige Chauvies zurück, die sonst die Welt am teutschen Wesen genesen lassen und man bekam den Eindruck ,dass Jäger sein, viel mit Jäger werden zu tun hat…

Meine Sicht…
Ich bin doppelt priviligiert!
Einmal dass ich in diesem Land, nach Prüfung und Ausbildung, Überprüfung und Gewährleistung meiner Zuverlässigkeit, jagen darf.
Wohlgemerkt als Privileg, denn dieses Land hat das Recht des individuellen Bürgers auf die Jagd nicht, wie andere Länder, in der Verfassung als Grundrecht manifestiert!

Zum zweiten bin ich priviligiert, weil ich einen Lehrprinzen hatte, der durch viele Auslandsreisen, seine ureigene liberitas bavariae und seine offenen Augen, mich vor der Dummheit des Chauvinismus ,auch des jagdlichen, bewahrte.
Mein Großvater jagte in der ganzen Welt und mit anderen Menschen.
Ob Afrika oder Amerika, immer war er ebenso versucht, Neues mit nach Hause zu bringen, wie er sich verpflichtet fühlte, fremdes zu akzeptieren, ohne zu werten.

Was ist ein Jäger?
Einfach zu beantworten.
Mal nach Gertrude Stein: „ein Jäger, ist ein Jäger, ist ein Jäger!“Basta!
Mal nach der Tat:
Ein Jäger ist, wer Beute macht!…ebenso Basta!

Dabei spielt es absolut keine Rolle, ob dies legal oder illegal, mit Lizenz oder Prüfung, mit Kalaschnikov oder Drilling, Schlinge, Blasrohr oder AtlAtl geschieht.
Ebensowenig relevant ist, ob der Jagende Tweed,Loden oder Goretex trägt.
Er mag einen Lendenschurz oder MukLuks auf seinen Beutezügen tragen, sich mit GPS oder nach den Sternen orientieren.
Er ist und bleibt ein Jäger.
Und seine ethische Einstellung, seine heilige Passion?
Die ist komplettamente schnurz!
Sowas DÜRFEN sich privilegierte Wohlstandsjäger leisten.
Die brauchen Ortega Y Gassett, um sich den philosofischen Hintergrund zu geben, die wollen vielleicht auch umgebaute Rassenhygiene bei der Wildbewirtschaftung von dichtbesiedelten Kulturlandschaften, um die enormen Kosten der Luxusjagd in prestigefördernder Knochendekoration zu erhalten.

Der reine Jäger braucht das nicht. Er will Beute.
Weil sie satt macht und, oder Geld bringt…und weil sie glücklich macht.
Er muß sein Wild kennen,aber weder lieben, noch achten,… er will es nur zur Strecke bringen.
Klingt bös,ist aber real. Ein Bushmann liebt nicht das DikDik,er weiß aber, das es schmeckt.
„Wir töten, was wir lieben“ …einer der dümmsten Sprüche der Welt… oder die dreiste Entschuldigung für Gattenmord ?!.
Zumindest eine sehr schräge Definition von Liebe…;-)

Die emotionale Bindung an sein Tun ,erhält der jagende Mensch merkwürdigerweise immer erst dann, wenn dieses Tun, also die Jagd oder das dazu notwendige Wild, samt Bioptop, in Frage gestellt werden.

Wird der Büffel knapp, wird er mystifiziert.
Solange er dies nicht war, vor dem weißen Mann und seinem Pferd, trieben die Indianer Büffelherden einfach einen Abgrund hinunter und sammelten dann auf, was sie brauchen konnten. Der Rest blieb liegen.Ungenutzt wg.zuviel Masse.
So war’s! Weit weg von der Romantik des „Totanka washishu“ Herrn Costner.

Mystifikation der Jagd war und ist immer der Versuch, den jagdlichen Mangel ,mittels Göttern und Brimborium, zu beheben.
Leicht wird daraus Selbstzweck.
So tutete der Aborigene auf seinem Didgeridoo, bevor er sich aufmachte, das Känguruh mittles AtlAtl zu erlegen.
Heute hebt er sich die Tuterei für die Touris auf und schießt lieber mit der .303.
No Place for „Brauchtum“.

In hochzivilisierten Ländern ist das anders. Jagd ist hier priviligierter Luxus, Zeitbertreib und /oder Lust am letzten und lizensierten atavistischem Tun. Dem Beutemachen.
Sich abzugrenzen, leider auch sich selbst zu erhöhen, erfand man das Brauchtum und dies wurde wiederum zum Bestandteil des Jagdrituals.

Nebenher ,unscheinbar und doch so wichtig, vegetieren echte und notwendige ,sich selbst in ihrer Wichtigkeit bestätigende Traditionen des Jagdhandwerkes, im Windschatten der Brauchtumsdampfbläser.
Immer mehr vermengt werden Tradition und Schein-Brauchtum, immer undeutlicher wird für Neueinsteiger die Unterscheidung zwischen bewährtem Handwerkswissen und selbstgefälliger Lodenoper.

Ist der Jäger ein Jäger ,weil er gerade seinen Jagdschein hat?
Bei uns:
Rechtlich ja…ansonsten vielleicht…heute meist nein…

Als sich Jäger aus der Landbevölkerung rekrutierten, Jagd quasi vererbt wurde, gab eine Generation jagdliches Wissen und Traditionen, an die nächste weiter.
Wer da den Jagdschein machte, der war schon hunderte Male, manchmal auch augenzwinkernd „halblegal“ aktiv, dabei gewesen.

Dem machte die rote Arbeit genauso wenig aus ,wie der Schlachte-tag auf dem Hof.
Er krempelte die Ärmel hoch (was ihn vom Frevert-geschulten Städter unterschied) und machte dass, was Vater ,Großvater und Onkel ihm gezeigt hatten: Handwerk.

Mit dem Schießen war’s ähnlich.
Erst das Luftgewehr auf Mäuse,Ratzen und Tauben,dann das KK , oder die einläufige Flinte.
Damit wurde Schädlingsbekämpfung betrieben, geübt und allen Unkenrufen der Mütter zum Trotz , kein Auge ausgeschossen oder ein Amoklauf vorbereitet .

War man endlich auch in den Augen anderer ein Jäger, was man wurde, weil man Beute gemacht und sein Wild selbst versorgt hatte ,war es selbstverständlich, seine Schiesskünste weiter zu verbessern.
Ehrgeiz und Freude daran, Beute dort zu machen, wo der andere eben nicht mehr hintrifft !

Je weiter sich die Jagd von ihren Ursprüngen entfernt hat, um so mehr sich die Jägerschaft vom Landbewohner zum Städter gewandelt hat, umso größer werden Reglemetierung, Bürokratie, aber eben auch Verbrämung des Tuns, durch eine vielfach aufgesetzte Jagdmoral,die zwar dem Zeitgeist unterworfen ist, aber wenig berücksichtig, welche Stunde geschlagen hat.

Mein Großvater hasste es, wenn Jagdgäste nach Erlegen einer Gams, die respektvolle
Ruhe nach dem Schuß, mit einem Hornsignal stören wollten.
Wenn auf großen Treiben die Strecke verblasen wurde ,gefiel ihm dies,aber ich bin sicher, dass er heute jedem Jäger ein Funkgerät mit an den Stand geben würde, weil er dem Gehör und der Musikalität seiner Gäste misstrauen würde.

Jagdliche Sprache ?
Aber natürlich! Dort, wo sich präzise Ausdrücke erhalten, sich über Generationen bewährt haben ,wären wir dumm, eine Fachsprache zu verlieren.
Dennoch ist es keine eigene Sprache, sondern nur bestimmte Ausdrücke und Formeln, die zu nutzen sind…regional den Dialekten stark angeglichen oder sogar Bestandteil dieser.
Deswegen ist sie zur Kommunikation nur intern wichtig. Nichtjäger verwirrt man und schafft unnütz Distanz.

Lehrzeit…
Lehrzeit ist immer.
Sie beginnt nicht mit dem Jagdschein oder dem Kurs zur Jägerprüfung.
Ebensowenig endet sie vor dem Ableben des Jägers.
Man lernt sein Leben lang !

Ich bringe Menschen den Umgang mit Waffen bei.
Ich lehre sie verantwortungsbewussten Umgang damit und ich lerne mit jedem Schüler auch selbst etwas neues.
Thats live !

Unsere Jagdausbildung ist zunehmend realitätsblind, wenn es die handwerkliche Wirklichkeit in den Revieren und der Natur angeht. Dafür wird sie überfrachtet mit rechtlichen Vorschriften ,und ideologischen Glaubenssätzen, deren roboterhaftes Aufsagen selbstgerechten und inflexiblen Prüfern, scheinbare Kompetenz in Menschendressur, vermitteln sollen.

Der Zeitdruck in den heute üblichen Kompaktkursen, drängt dazu Handwerkliches an den Rand,… zugunsten von schnell zu deklamierendem Buchweisheiten.

Die Schießausbildung ist reinste Glücksache, bei nicht verlangter qualifizierter Ausbildung der Ausbilder und gelingt nur deswegen, weil die Meßlatten extrem niedrig gehalten, oder wie im Falle Flintenschießen, mancherorts einfach aufgegeben werden.
Wer gut schießt, konnte es vorher schon, oder lernte es auf Eigeninitiative.
Der Rest kauft sich seine Kompetenz beim marketingtechnisch „active“ Jagdausstatter, mit inkludiertem jagdlichen Selbstwertrabatthefterl.

Und weil alles so schwierig und teuer ist, erfanden wir die Legende der „Passion“.
Das Wort bedeutet zwar Leiden, und würde voraussetzen, dass jeder Passionierte an seiner Leidenschaft leidet, nur ist dem eben nicht so, da nicht jeder Jäger, auch gleich Masochist ist.

Wir tun gern, was uns Freude bereitet.
Wir haben es nicht nötig, unser Tun moralisch zu rechtfertigen, ethisch zu begründen und durch Leidensmiene zu untermauern.

Wir sind, was wir uns getrauen zuzugeben.
Jäger.
Jäger… nicht schlechter oder besser als Millionen anderer Jäger auf der Welt.
Für manche: etwas verschroben, für manche ein Feindbild, für andere so normal, wie ein Stück Fleisch auf dem Teller.
Für uns: immer auf der Suche nach Beute und sei es, dass sich nur ein schönes Erlebnis als unsere Beute entpuppt.
Wir sind Erben des ältesten menschlichen Handwerkes und wir sollten dieses Handwerk als Flamme sehen, die bewahrt und gepflegt werden sollte.
Die Asche der Rituale, der verlogen geschwätzigen Selbstbeweihräucherung, verweht im Wind der Zeit.
Achten wir darauf, dass wir mit ehrlicher Jagd und ehrlichen Handwerk genügend Standkraft
gegen diesen Wind erlernen.

Yours truly

Bunduki

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