Paladine…

In der großen „chanson de geste“ des Mittelalters wurden 12 treue Gefolgsleute Kaiser Karls als Paladine bezeichnet.

Heutzutage, in der „individualisierten“ Gesellschaft der Einzelkämpfers , sind es oft profane Gegenstände, die sich zu treuen Gefährten des Jägers machen.

Leicht ist es, die allgegenwärtige Technisierung zu glorifizieren und jedes piepsende und blinkende Etwas als Selbstweck zu konsumieren.
Genauso leicht ist es, die esotherische Verdammnis über all die angebliche Strahlungen aus Erde, Wasser, Strom und Telefon kommen zu lassen und sich nach der guten alten Zeit zu sehnen , in denen alles so viel „menschlicher, einfacher und echter “ war.

So redet sich der simpel gestrickte Naivmensch seit Jahrhunderten Diktaturen schön und verklärt Zeiten ohne Penicillin, zivilisiertem Bildungssystem und hygienischer Wasserversorgung…zur besseren Welt .
Sei’s drum…
Unwissenheit schützt nicht vor Dummheit… und Angst vor allem Fremden, erlöst nicht vor unbekannten Herausforderungen…. sie engt den freien, aufgeklärten Geist ein.

Für Jäger hat sich viel in den letzten 20 Jahren geändert.
Wilddichten, Jagdmöglichkeiten, Klima, Gesetze und populistisch-politische Strömungen in einer naturfernen Urbangesellschaft wandeln die Jagd…meist nicht zum besseren.

Doch eindeutig besser ist es geworden mit der Ausrüstung, die uns täglich hilft, unserem Hobby (wahlweise auch : Leidenschaft oder Beruf ) nachzugehen.
Nicht, dass es nicht auch bei uns genügend Nostalgiker im waidgrünen Loden-Strampler gäbe, die alles und jedes Neue von tiefstem Herzen und meist recht leerem Kopf verdammen…
…allein, wer zu spät kommt…lernt Gorbatschow sagen!

Würde mein Großvater ( wäre jetzt 109 ,der alte Wilderer 😉 ) heute mit mir auf die Jagd gehen, er wäre sprachlos bei all dem kleinen Geräten im Schnerf, die für Sicherheit und Bequemlichkeit sorgen.
Sicher wär’ er erst skeptisch, doch dann würde er seinen Lieblingsspruch sagen:
„..praktisch is des Zeigl scho… und solang Du sauber jagst, schoads a nix“

In diesem Sinne mal meine persönlich Hitliste der 12 wichtigsten Paladine:

1. austauschbare Chokes

halb und voll waren über Jahrzehnte nicht nur standardisierte Aggregatszustände einiger Jäger nach dem Schüsseltreiben, sondern vor allem Diktat der Waffen Industrie.
Die universelle, individuell abgestimmte Flinte gab es nicht.
Die durchschnittlichen Jagdverhältnisse Deutschlands ergaben diese Chokekombination;
als diese Verhältnisse sich änderten, schien dies aber keine Effekt auf das Angebot an Flinten zu haben.
Mit Streupatronen versuchte man sich durchzumogeln und die Versuche Jagd und Sport im DJV Schießen zu vereinen, wurden mit den Festchokes im Mus-topf der Inflexibilität und Ausgrenzung quasi für immer und ewig manifestiert.

Heute ist jede zeitgemäße Flinte individualisierbar.
Einfach durch Wechseln der Chokes.
Anzupassen an jede Jagdmöglichkeit, jede Vorschrift und jede Schießfertigkeit.

Der Wechselchoke hilft besser zu jagen, zu schießen und spart Geld.

Die neuesten überlangen Versionen mögen manchen Ästheten nicht gefallen, verbesserte Schußbilder sprechen für sich.

2. moderne Patronen
Als Bob Brister Anfang der 70er Jahre seine umfangreichen Tests im Auftrage der US Industrie durchführte, änderte er den Lauf der Flintenwelt.
Seine Tests umfassten Munition und ihre Komponenten , wie auch Kaliber, Lauflängen, Profile, Chokes, Distanzen, Wildwirkungen und alle sich daraus ergebenden Wechselwirkungen.
Seither ist jede Frage danach, ob ein langer Lauf weiter schießt als ein kurzer und eine 20er
enger schießt als eine 12er, ein sicherer Beweiß für mangelnde Flintenkompetenz oder schlechte Ausbildung.
Wichtiger als die Demaskierung von Dampfplaudereren, sind allerdings die Auswirkungen auf die produzierende Industrie gewesen.
Seit diesen Tests, geht es schnurstraks in die Richtung moderner Zwischenmittel, Kunststoffhülsen und des maximalen Ausnutzens der Pulverladung.
Ein fast biblisches Ende für Pappe und Filz, die heute nur noch ein Exotendasein im Munitionsangebot flintentechnischer Drittweltländern führen.
Heute haben wir von angenehmsten Sportladungen mit Gordon-System bis zur hochpotenten Jagdladung im reanimierten Kaliber 10 eine alle Wünsche bedienende Patronen-Palette .

Die Entwicklungszeiten selbst bei Alternativschrotmunition ,sind heute wesentlich kürzer und der Konsument hat neueste Produkte schnell im Laden (sofern er danach in ausreichender Menge verlangt).
Die Verbreitung von modernen Patronen (und auch von Alternativschroten) führte auch zu einer Bereicherung im Waffenbau.
So wurde die leicht vergrößerten Laufdurchmesser wiederbelebt, ebenso wie die Wichtigkeit von langen Übergangskonen, langen Chokes und verbesserten Lauf –Stählen erkannt.

3. GPS
Das man mit den kleinen elektronischen Geräten überall schnell hinkommt, ist eigentlich nebensächlich…“ich weiß zwar nicht, was ich hier will, aber ich bin vor allen anderen hier!“

Das man sein Revier damit vermessen kann, ist vernachlässigbar…“der Grenzbock steht immer bei mir!“

Aber dass man bei jedem Wetter, überall auf der Welt immer auf den Meter genau feststellen kann wo man ist….
…kann einem selbst und anderen das Leben retten.

4. Mobiltelephone

Das man damit schnattern und plappern kann, sinnlosen Quatsch verzapfen ,dummes Garn spinnen, anderen gehörig auf die Nerven gehen, sich aufblasen und wichtig machen …das ging früher auch schon, wahlweise mit einem Porsche, Golfclub oder Papas Kohle.
Lustige Klingeltöne im Debilensound und pubertäre Schmuddelbildchen runterzuladen und damit den Prekariatslevantinern den Porsche und den Golfclub zu finanzieren, ist auch kein Fortschritt…
Internet, Fußball und die Möglichkeit , überall mit dem derzeitig läufigen Unterwäschemodell per SMS Schluß machen zu können, kann ein Vorteil sein…doch nicht für den Waidmann.

Jederzeit und faktisch überall auf der Welt mitzuteilen, wo man ist und dass man selbst oder andere Hilfe benötigen, macht die kleine Quatschmaschine zum unentbehrlichen Lebensretter.

5. Laserentfernungsmesser

„Wer braucht so was…ich nicht, ich schätze seit 30 Jahren alle Entfernungen und lag immer richtig.“ (Orginalton eines Jagdpapstes in einem Internet-Forum)
Nun, so gnadenlos begabt sind wenige.
Für den Rest der sterblichen Jäger ohne Hubertusunfehlbarkeitsweihe stellt sich halt ab und
zu die Frage: wie weit ist’s denn nun?
Ob’s der Bock von Waidmann Stabenhorst ist, die Ausrichtung eines Drückjagdstandes oder die Schußentfernung auf die zu erwartenden Enten oder Fasane im fremden Revier…
Jeder Schütze mit Verantwortungsbewusstsein freut sich über eine klare Angabe.

6. the queens jacket

Als der Film „The queen“ in New York gelaufen war, strömten Scharen von gutsituierten,blondierten Kolonialistinnen in die Filliale des englischen Jackenherstellers „B…. and sons of south shields“
Deren Waxjacke wurde von Hellen Mirren als Königin der Briten im Film getragen.
Da auch ihre Majestät bei ländlichen Verlustigungen derartiges Grobgewebe trug, war es sofort ein „must have“ für jede modebewusste New Yorkerin.
Bei uns lebte der Waxjackenboom schon vor ca. 15 Jahren auf und führte kurzzeitig zur Uniformisierung höherer Mädchenlehranstalten und Münchner „A-dabei Bars“ .
Gnädig folgten diese pubertierenden Maiden und verwöhnten Designer-Gspusis aber bald neuen Modetrends und gaben die öligen Jacken in die Altkleidersammlung zugunsten von Britneys kariertem Röckchen oder neuen Nasen im Toskana-Stil.

Übrig blieben sie bei uns ,als das, wofür sie gedacht waren: Jagdbekleidung der kompromisslosesten Art.
Kenner bevorzugen die schwere Qualität, Süchtige tragen das grüngelbe Tuch 12Monate im Jahr und weltweit.
Afficionados wissen, dass es gegen Nashornangriffe schützt und wochenlange Seenot zu überwinden mag , man das Zeug immer wieder aufarbeiten kann, ohne allerdings der Löcher Herr zu werden.
Für Ansitzjagden zu laut und nicht warm genug, absolut nicht atmungsaktiv und im frisch gewachsten Zustand der wahre Horror für jedes Autopolster.

Warum das Teil nun hier aufgeführt wurde?
Weil es für mich das beste seit geschnitten Brot ist und ich ohne diese Jacke weder leben will, noch kann und wenn sie noch so abgefahren aussieht…sie bleibt dicht und man fühlt sich zuhause.
Irgendwas und irgendwer muß in diesen Zeiten schließlich zeitlos bleiben, Stil und Panache haben … und ein klein wenig inkonsequent sein.

Ulkig dass viele zeitlose Produkte für Jäger mit B anfangen….(aber nicht alle mit B auch zeitlos sind)

7. moderne High Tech Formate

Klobige Optik ist out !
Ok…nicht bei den alten Semestern deren Pupillen sich nicht mehr weiten,…die schwören weiter aufs 8×56 ob’s hilft oder nicht.
Wer heute Optik neu kauft , wird’s seinem Alltags-bedarf anpassen und so klein und leicht wie möglich dimensionieren.
Auch gigantische Scheinwerfer sind Vergangenheit, weil es eben heute kleine Hochleitungs–Lampen mit hervorragender Leuchtkraft und klarem Bild gibt.
Lampen und Optik sind heute Lichtjahre vom alten Standart entfernt und das erleichtern uns jeden Pirschgang.

8. Internet

Information und Einkaufsmöglichkeiten wurden durch das globale Netz revolutioniert.
Information über neue Waffen , Zubehör , Jagd und Reise-Möglichkeiten über Gesetze in aller Welt ; …die ganze Welt und alle Freunde nur einen Mausklick entfernt…
Traumhaft….albtraumhaft…?
Wir haben’s in der Hand…

9. moderne Materialien
Möchten Sie noch in tonnenschwerem nassen Loden rumstolpern?
Möchten sie in übergroßen Gummistiefeln ihre Füße mit dickem Filz wie Wolgaschiffer wärmen?
Möchten sie speckige, nicht waschbare Lederhosen Jahr aus, Jahr ein tragen, bis Ihre Frau eine Luftfilter für den Kleiderschrank, als Alternative zur Scheidung verlangt ?
Möchten Sie bei jeder Anstrengung im eigenen Saft stehen ?
Möchten Sie lieber einen alten Schnerf der sich unbequem trägt, als einen moderner federleichter wasserdichter Rucksack mit Gewicht verteilendem Tragekomfort ?
Als die Büchse vom Felsen fiel und der von Mäusen angenagte Holzschaft zerbröselte…kein Gedanke an Kevlar ?
Sehen Sie… !
Seien wir froh, ob der Kunstfasern, Membranen, der neuen federleichten Werkstoffen wie Kevlar, Carbon etc.

10. Kühlkette …das Ende des „Hautgout“

Wie vielen Menschen hat Hautgout den Geschmack an Wild, einem der saubersten und edelsten Lebensmittel für immer verleidet ?
Es war so schlimm, dass man den Gestank auch noch als gewollt hinstellte, also eine perverse Geschmacksverirrung auch noch adelte…wie heute, die alberne Molekularküche der ChiChi Köche des Kulturkanals.
Dabei hing der widerliche Geschmack einfach von der Kühlung ab, oder besser gesagt von der Abwesenheit von Kühlung.
Der Weg vom Feld, Wald oder Berg zum Verbraucher war einfach zu weit ohne Kühlung im Auto , der Jagdhütte und der sogn.Wildkammer.
Wir wundern uns heute immer wieder, ob der unglaublichen Mengen von Energie die wir verbrauchen.
Nun, dafür genießen wir heute unseren Fasan ohne Fäulnis und Leichengeruch.

11. elektronischer Gehörschutz

Schluß mit doosohrigen Jägern und Schützen, dem ewigen „Wie bitte..“, den Hörstürzen und dem penetranten Pfeifen im Ohr.
Auch wenn’s für mich und meine Generation schon zu spät ist, der elektronische, sich selbst abregelnde Gehörschutz ist eine der besten Investitionen in die Gesundheit die ein Jäger und
Schütze heute treffen kann.

12. moderne Transportmittel
Nein , ist nicht der tiefer gelegte grünmetallic ATV-Nobelhobel der praktizierenden Portfolio-Protze gemeint !

Ich spreche vom exklusivsten und demokratischten Verkehrsmittel : dem Flieger!
Was noch vor 2 Generationen nur einer winzigen Elite vorbehalten war, ist heute selbstverständliches Kulturerlebnis und Erweiterung des eigenen Horizontes:
Reisen in alle Welt.
Kennenlernen von anderen Jagdarten, Wild und Naturerlebnisse und Begegnungen mit anderen Jägern, die mal mit Bogen und mal mit Büchse jagen, die Jagd als Subsistienz betreiben , die Jagd als Sport oder als Lebensstil pflegen.

Reisen befreit den Geist von allen Gespenstern, auch von kleingeistigem , chauvinistischem
Waidmannsdünkel.
Die Demokratisierung der Jagd findet dort statt, wo sich ein kleiner Beamter seinen Lebenstraum vom Taubenjagen in Argentinien erfüllt.
So war’s gemeint.

Bunduki

PS:
Den einzigen wirklich treuen Gefährten des Jägers hab ich natürlich nicht vergessen…
Blo߅ wer soll den besten Freund der Welt verbessern…Hunde sind schon perfekt !

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