best gun ? …my best gun? …the very best gun ?

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Hat der Berg der Erkenntnis eine Seilbahn?

Selbstverständlich haben wir alle ein gottgegebenes Anrecht auf das allerbeste!
Das steht ausser Frage , denn die Werbung aller Branchen hat dafür gesorgt, dass dies auch jeder glaubt.

Wir selbst sind ja ebenfalls die besten !
Die nettesten Auswanderer, die beliebtesten Touristen, die größten Obamafans und selbstverständich die besten Jäger, mit dem allerbesten Jagdsystem seit Skadi die Hatz aufgegeben hat.

Nun ist das allerdings so eine Sache, wenn’s Superlative hagelt.
Zumindest bei Flinten.
Oben auf dem Berg der flintentechnischen Erkenntnis ,wird’s eng und die Luft dünn, weil dort, ganz nahe bei den Flintengötter, gelten andere Maßstäbe als unten im Tal bei den Sterblichen.
Zumal wenn den Göttern und ihrenn Besuchern , die Sicht genommen wird , durch den frevlerischen Nebel des Marketingteufels, der seit weit über hundert Jahren die Sinne aller kräftig durcheinander bringt.

So kommt’s, dass unten im Tal die Leut‘ schießen was kracht, sich freuen wenn’s dafür auch noch Wildbret gibt, oder die Tonscheibe zerbröselt.
So kommt’s, dass diese Leut sich einen Teufel um Markennamen scheren, kaufen was billig ist, jedes Märchen glauben und die Flinte für ein unedles Schießgerät halten, das aus zwei Wasserrohren und einem alten Steifelknecht gebastelt wurde.
…und oft sehen Ihre Flinten auch genau so aus.

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Oben bei den Göttern, da wird gebuhlt und geeifert ,um möglichst nahe an Gott Purdey und den verkommenen Götterschwestern Holland zu sein.
Da ist’s nicht ungewöhnlich, seine Seele, das Aktienportfolio und Frau samt Gespielin für ein MacKay-roundbody Päarchen zu opfern.
Die bedauernswerten Sklaven der Götter sind auf ewig ,oder bis zur nächsten Insolvenz, verdammt, in nichts als Barbourjacken und Tweedmützen ihren Idealen nachzujagen, ohne jemals zu erkennen, dass viel von der dünnen Atmosphäre dort oben, eh bloß heiße Luft ist.

Weiter unten, im Nebel des Marketing kämpfen sich wackere Gesellen durch den Dschungel von Innovationen, Neuigkeiten, Erfindungen und vermeindlichen Verbesserungen, auf der Suche nach einer Flinte die “ besser“ ist…
Diese mutigen Menschen wissen, ob der Gewalt dummer Wortschöpfungen…
…Sie lassen sich nicht von „come in and find out“ vom Wege leiten und wissen ebenso, dass der vermehrte Gebrauch des englischen „active “ nicht nur sprachlich verwerflich ,sondern auch unsinnig ist.
Dramatische Werbevideos, deren Kernprodukte ebenso austauschbar sind, wie die Dramaturgie und Stilmittel geklaut sind, prasseln an diesen wackeren Suchenden ab.

Was hat sie nun dermaßen gestählt, sich durch den Nebel der Erkenntnis zu kämpfen, was gibt ihnen Kraft und Entschlossenheit?
Es ist ,was der Dichter so schön ,“die Milch der frommen Denkungsart“ bezeichnet…
…der Kern dessen, was homo sapiens und homo ludens am meisten vom bananenlechzenden Baumbewohner unterscheidet…
Der freie Wille, das Wissen und der heilige, eigene Geschmack des flintenschießenden Individuums!

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Was macht nun eine gute Flinte aus? Was kann sie besser machen als andere?
Nun, Güte und Ansehen liegen immer in der Sichtweise des Betrachters.
Will man das Ganze eher subjektiv beurteilen, so kommt man nicht an der „weltweiten Akzeptanz“ vorbei, die ein Industrieprodukt erfahren muss, um sich qualitativ einordnen zu lassen
Akzeptanz wir erreicht durch :
Innovation > technische Umsetzung > praktische Bewährung

Das erste :Innovation ist die Lösung von bestehenden Problemen mittels einer neuen Technik, die meist auf einer neuen Denkweise oder neuem Wissen basiert.
Sie ist Dreh und Angelpunkt allen Fortschritts.

ABER sie ist nicht immer zwingend nötig!

Ein Produkt zur Akzeptanz zu führen oder dort zu halten , gelingt, wenn die technische Umsetzung der Aufgabenstellung eines Produktes ,zwar mit bis dato konventionellen Mitteln, aber dafür verarbeitungstechnisch perfekt gelöst wurde.
Das heißt in der Realität der Flinten:
Nicht jede neue Erfindung, nicht jedes innovative Gimmik, setzt sich auf dem Markt durch.

Auch gute Erfindungen und Innovationen sind nicht immer zielführend.
Beispiel: Zündverzugszeit !
Man kann sie immer weiter herabsetzen, ohne noch irgendeinen Vorteil in der Praxis zu erlangen .
Hier setzt das Marketing seinen merkantilen Paukenschlag!
So entstehen rein ökonomisch zu erklärenden „trends“ wie z.B der Lauflänge.
Da wird versucht, ein individuelles, weil auf den Schützen, seine Schießweise und seine persönliches Art der Flintennutzung abgestimmtes Maß, mit neuen Dogmem/Trends zu erschüttern.

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Nochmal zurück zur Akzeptanz

Langfristig akzeptiert wird auf dem Flintenmarkt nur, wer sich mit langlebiger Qualität, und tauglichen, weil unproblematischen Lösungen für Handling und Haptik , zeigt.

Daran liegt es, dass wir bei BDFs z.B. nur eine wirklich kleine Anzahl von Verschlußarten haben, die sich durch hunderttausende von gefertigten Waffen bewährt haben.
Diese Verschlüsse werden alle kopiert, manchmal exzellent, manchmal gefährlich naiv.
Die Urmodelle von Browning, Beretta, Boss, Krieghoff sind heute noch lebendig wie am ersten Tag.
Neue Spielarten kommen, alte verschwinden. Die letzteren haben den Test der Zeit nicht bestanden , den ersteren steht er noch bevor.

Deswegen sollte der Wanderer durch den Nebel beherzigen:
Neues muß sich bewähren…
Vertrauen darin zu setzen ist nicht falsch, sondern ein Teil der Entwicklung jedes Produktes…
Neues ist nicht deswegen gut oder schlecht, weil es neu ist „es ist anders und vielleicht noch nicht fertig“ …oder doch besser, als alles was vorher war?
Verwirrend ?… Nein, nur reale Entwicklung minus Marketinggetöse!

Die viel gepriesene Bestgun ist ein gutes Beispiel dafür.
Was an ihr fasziniert, ist, seinen wir ehrlich , zu aller Erst ihr exorbitanter Preis.
…Ansonsten scheinst eine schöne Querflinte zu sein , die hübsch verziert ist.“ Zitat Banause“

Egal ob London, Birmingham oder scottish „best gun“, natürlich ist mehr dahinter als insularer Snobismus..
Ca. 900 stunden Handarbeit, in der alles „händisch“ nach der Büchsenmacherkunst der Jahrhundertwende hergestellt wird.
Das Resultat ist ein , logischerweise mit Minimaltoleranzen versehenes, schießfähiges Kunstwerk.
Als solches wird „the best gun“ von Sammlern angesehen und so sehen auch die Bücher über dieses Thema aus.
Die ,welche sich den Gebrauch solcher Waffen leisten können, weil sie im geerbten Schloß mit dabei waren, freut’s.
Jene ,die sich so was leisten müssen, um gesellschaftlich auf der Insel akzeptiert zu werden, freut’s ebenfalls, weil der Wertverfall des Teils vernachlässigbar ist.
Und jene, die so was sammeln…nun, Sammler haben für alles ihre eigene Logik.

Dennoch sind diese wunderschönen Flinten anachronistisch hergestellte Waffenkunst, deren evolutionärer Einfluß auf den Rest der schießenden Welt nicht mehr relevant ist.

Und was die ach so legendäre Zuverlässigkeit anbetrifft…
Halten zu Gnaden, werte englische gunsmiths:
Für 80000 Pfund darf ich gefälligst eine Flinte erwarten, die passt, zuverlässig ist und nicht nach 30 Jahren den Geist aufgibt.
Denn all das kann eine moderne japanische oder italienische Flinte zum „Sozialhilfesatz“ von 2500 Euro ebenfalls.

Nun zurück in die reale Welt der Flinten.

Der Wunsch nach einer besseren Flinte wird oft missverstanden.
Einerseits gibt es Leute, die suchen einfach eine Flinte ,die etwas mehr Prestige hat, ein moderneres Image innehat oder schlicht protziger ist.
Nichts dagegen zu sagen.
Das ist die Ursuppe des Marketing, das Fegefeuer der Eitelkeit…
Hier gibt es Bümas und Hersteller, Marketingabteilungen und Werbefuzzis die „Hosianna“ rufen und ihr Opfer promt umgarnen, wie weiland die rassige Kalypso den orientierungslosen Odysseus.

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Doch lassen wir die Profilneurotiker mal außer Acht, so finden wir viele Schützen die gerne mehr wollen, als Leistung steigern…sie suchen in einer Waffe auch individuelle Charakteristika zu finden, mit denen sie sich langfristig indentifizieren können.
Ein Freund nannte so was mal (s)eine „Lebendsflinte“.

Da spielen Ratio und Gefühl mit, Flintentechnik und persönlicher Geschmack.

Der Ratschlag für einen heutigen Jungjäger ist einfach, denn seine Waffe muß universell sein, um alle kommende Aufgaben lösen zu können:
BDF-Sportingmodell,12/76,stahlbeschuß,Wechselchoke ab 1200 Euro (gut verhandelt)neu;basta!

Viel schwieriger , aber auch reizvoller ist es, eine Waffe zu suchen, die eine ganz bestimmte Aufgabenstellung für ihren Besitzer erfüllen soll.
Soll’s die Krähenflinte sein, soll’s ein Päarchen für getriebene Fasane sein, was leichtes in 20… weil kein Wasserwild vorkommt, vielleicht ein Set für das jagende Ehepaar, oder ein Set mit 20 und 12,… oder ein 20er SLF-päarchen für Argentinien,… austauschbare Schaftvarianten..oder …oder

Sie sehen, das Waffensystem ist dabei völlig egal .
Auch Kaliberdiskussionen werden überflüssig.
Ob verstärkt beschossen oder nicht, kann einem Taubenjäger schnurz sein ,und derjenige welcher das schlanke Laufbündel einer 16er schätzt, wird sich schon mit Munition einzudecken wissen.

SUUM QUIQUE

Dem Suchenden stehen alle Varianten von Flinten zur Verfügung.Neu, gebraucht,modern, klassisch …unabhängig von Überlegungen zu Wiederverkaufswerten oder dem Gedanken an zukünftige Erben und gegenwärtige Erbschleicher.

Sobald er seine eigene kleine „Must have“ Liste nach seinen Wünschen erstellt hat, steht ihm die Flintenwelt offen.
Denn nun ist er unabhängig von den Luftblasen des Marketing, die ihm eine neue Fischhaut und ein Leuchtkorn als Innovation andrehen wollen.
Jetzt merkt er, dass Facelifts bei Flinten ebenso peinlich sind, wie bei unter mediteraner Sonne gegrillten Societydamen, jenseits des Verfallsdatums.

Individualismus ist der Kernbegriff, der bei der Auswahl und der Gestaltung einer „MY very best gun!“ hochgehalten werden muß.

Wohlverstanden, man ist nicht auf die Hochpreis-Waffen angewiesen, aber man wird langfristig dennoch einiges an Zeit, Information und viel Geld in so eine Waffe stecken müssen.

Man geht von einem Basismodell aus, dass sich in der Praxis bewährt hat, unterscheide dort aber zugunsten seiner persönlichen Vorgaben.
Was sich sportlich bewährt, muß jagdlich nicht ebenso Top sein und vice versa.

Die Waffe muß zumindest das Potential haben, gut ausbalanciert werden zu können; dies wird die Aufgabe eines guten Schäfters sein.
Länge Größe und Gewicht werden NUR durch den Schützen und seinen Schießstil bestimmt.

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Das Schloßwerk wird von Fachleuten so getunt, dass Abzugsgewichte wunschgemäß und gleichmäßig lösen, alle Flächen poliert sind, Schwachstellen mit besseren Materialien versehen werden etc.

Wie weit Verzierungen nun eine Rolle spielen, entscheidet der Auftraggeber.
Denn Gelsenkirchner Barockkarniggels sind ebenso wenig jedermanns Geschmack, wie
Moderne Emaile-arbeiten, Bolinogravur oder die schlichte schwarze Basküle.

So kommen sich persönliche Vorstellung und Waffenbau am nächsten.
NUR die individuelle Vorstellung und deren fachliche Umsetzung zählen.
Zeit spielt dabei keine Rolle…oftmals werden solche Flinten über diverse Jahre immer wieder weitergebaut (je nach Finanzlage des Besitzers), Wartezeiten spielen keine Rolle, weil man weiß, worauf man wartet.

Also :
Definieren Sie konsequent, aber auch realistisch Ziel und Zweck ihrer Waffe.
Suchen und probieren Sie alle möglichen Waffen und Systeme durch.
Machen Sie sich kundig, was handwerklich geht und was nicht.
Entscheiden sie nach Langlebigkeit und Zuverlässigkeit ihre Basiswaffe.
Scheuen sie keine Umstände und Entfernungen um an Holz, gute Schäfter und Büchsenmacher zu kommen .
Lassen sie sich und ihrem Geldbeutel Zeit!

Um wirklich an die Spitze des Berges zu kommen, gibt es keine Seilbahn oder Abkürzung.

Die Nebel der Eitelkeiten umwehen heute schon den Gipfel, aber manchmal schenkt einem der Glaube an ehrliche Handwerker und gute Konstrukteure den klaren Blick von dort oben, auf eine wunderbare Welt von individuellen Flinten.

Und wer glaubt, dass der Flintengott Purdey oder Boss heißt, wird feststellen, dass dem nicht so ist. Diese scheinen wohl eher Halbgötter zu sein , für jene, die jemand zum Anbeten brauchen.

Wie sein richtiger Name ist, weiß wohl niemand, man munkelt, er würde manchmal auf Pietro oder John hören…manchmal auch auf Moses, Jose oder …Oskar

Bunduki

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