Kurz und klein, lang und fein…Schaftlängen

spec-mittlere-webansicht-mittlere-webansicht.jpg

austria06-30-mittlere-webansicht.jpg

Der schlimmste Feinde des Schützen ist die Säge und die bei uns ungebrochene Lust, gute Flinten durch Schaftkürzen zu ruinieren.

Woher das kommt?
Man darf spekulieren.
Einerseits repetieren einige Ausbilder immer noch Weisheiten der Wehrmachtsshleifer und deren Rechtsnachfolger dem „Club der Bierdimpfl“, wie man Schäfte mittels Armbeuge vermisst.
Andererseits gehen viele Bümas das Risiko ein , einem Kunden im Geschäft lieber den Schaft kurz zu rasieren, damit dieser, die dann leicht anzuschlagende Waffe, kauft.

Dazu kommt der Unwille, die neue Waffe auf einem Stand mit diversen Präsentationen unter Anleitung auszuprobieren.

Erst bei der praktischen Erprobung zeigt sich aber, ob der Schaft passt, oder wie er überarbeitet werden muß.
UND :
…oftmals erkennt der Waffenbesitzer gar nicht das Potential seiner Waffe (und damit auch nicht sein eigenes), weil er auf einem subjektiven Eindruck vertraut: „Die Waffe bleibt nirgends hängen!“

Bleibt zu sagen:
Eine Waffe mit zu kurzem Schaft bleibt niemals hängen…sei der Anschlag noch so schlecht!
Fatal dass viele schlecht oder gar nicht ausgebildete Schützen diesen kurzen Schaft für passend halten und seine Länge nicht überdenken. Das Scheitern des Lernens ist vorprogramiert!

Eine Waffe mit korrektem Schaft bleibt niemals hängen…wenn der Anschlag stimmt!
Was am Anfang als Erschwernis wargenommen wird,bekommt aufgrund der fehlenden blauen Flecke,der gleichmäßigen Bewegung und des anfänglichen „Bremsens“ des Temperatments eine didaktische Eigendynamik: Die Länge erzieht zum sorgfältigen Anschlag!

Nur mit einem in der Länge wenigstens moderat angepassten Schaft ist eine Lernleistung beim Schießen zu erreichen !

UND NOCHMALS!
Ein zu kurzer Schaft bewirkt falsche Bewegungen, setzt Muskeln verkehrt ein, verändert die Balance der Flinte negativ .
Es gibt blaue Flecke, frustriert und führt langfristig zu dauerhaft schlechter Schießleistung!

Gibt es Formeln zur Feststellung der Schaftlänge ?
Ja, genau wie es Berechnungen gibt, wie die ideale Frau aussehen muß!

Eine Formel ,so gut sie auch sei, kann nicht die Anwendungsarten und die individuelle Anwendung einer Waffe vorhersagen.
Längenmaße allein sagen nichts über Muskelmasse, Muskeltonus und Bewegungseigenheiten des Schützen aus.

Die beliebteste und dämlichste Vermessung ist die Armbeugenmeßmethode, die nun schon jeder in Geschäften und leider immer noch in Ausbildungen, anempfohlen bekommt.

Sie basiert grob auf der Courallymethode der Körpervermessung, lässt aber sämtliche Feinheiten weg und ist deswegen so grob, wie falsch und unbrauchbar.

Wollte man damit ursprünglich nur einen groben Anhalt über die Handhaltung erhalten und ein grobes UNTERMASS des Schaftes vermeiden, mendelte sich aus dieser Methode eine teutonische Einheitswahrheit, die unzählige Flintenschützen noch heute beeinträchtigt.
Das diese Methode unsinnig geworden ist, zeigte sich erst, als der Durchschnittsmensch immer größer und somit auch sein Unterarm immer länger wurde.

Was folgte, war der kollektive Aufschrei: „Schaft ab! Was früher richtig war, kann heut’ nicht verkehrt sein!?!“
Dabei wurde vergessen, dass die Armbeugemethode immer verkehrt war (und ist), solange sie ausserhalb eines sehr ausgeklügelten (wenn auch nicht mehr zeitgemäßen) Systems, angewandt wird.

schaftlange-mittlere-webansicht.jpg

Und Schaftlängen-ausmessen ist dabei so einfach.

Man nehme eine Flinte, idealerweise mit einer stufenlos verstellbaren Schaftkappe und begebe sich auf den Schießstand.
Der Schaft wird so lang wie für den Schützen gerade noch akzeptabel eingestellt.
Die Kopfposition sollte bequem sein und zunächst sollten dabei zwischen Nase und Daumenwurzel zwei grobe „Wurschtfinger“ passen.

Dann wird geschossen.
Quertauben, Trap und vor allem einfliegende Fasanentauben!
Hier, bei der Überkopftaube wird am ehesten zurückgeschraubt werden, denn hier kommen Armlängen, Muskelspannungen und Statur voll zur Geltung.
Diese Schüsse sollten so durchgeführt werden, dass der Vermessende den Anschlag des Schützen immer wieder maßvoll korrigiert.

Passt die Flinte bei diesen Schüssen, bleiben noch Feinheiten.

Diese Feinheiten bestehen aus der unterschiedlichen Kleidung des Schützen, Sommers wie Winters, beim Sportschießen oder auf der Jagd.
Um diese Dinge auszugleichen bietet die Industrie heute schnell austauschbare Schaftkappen an, die mit einem Handgriff die Flinte für den Winterparka kürzer machen können.
Wem die austauschbaren Gummikapppen nicht konvinieren, der kann sich die Kappen seiner Wahl vom guten Büma mit ein paar Gewindeschrauben zur schnellen De- und Montage ausrüsten lassen.
Nur die Schaftlänge für jede Jahreszeit gibt’s halt nicht.
Schaftlängen-anpassung ist einfach.

Alles kein großes Geld , keine lange Arbeit, kein großer Aufwand.

Spricht man von Schaftmaßen, fällt zwangsläufig der Begriff Pitch.
Lustig wird’s, wenn man nun nach dem Sinn dieses Maßes fragt, oder gar wie er gemessen wird.

Kurz gesagt ist dieses Maß der Winkel der Schaftkappe zur Schienenachse.
Gemessen wird dieser Winkel professionell mit einer Winkellehre oder errechnet mit den im Bild angegebenen Maßen A1 und A2.
Es gibt einen positiven und einen negativen Pitch, der sich am 90grad Winkel orientiert.

Die Pitch-meßmethode, bei der man die Flinte mit ganzer Kappe auf den Boden stellt (die Baskülenoberseite berührt dabei die Wand) und dann die Entfernung Mündung Wand
vermisst , sollte jedem Freund der Geometrie zweifeln lassen.
Bei dieser Methode vergisst man nämlich schnell die unterschiedlichen Lauflängen !

Wozu brauch ich den Pitch ?
Eine nicht selten gehörte Frage, die auch seit fast 100 Jahren gehörig diskutiert wird.
Greener will keinen ,Churchill aber schon, die einen wollen ihn bei den Trapflinten ausgeprägt ,die anderen bei den Jagdflinten,
Bei den Bockingen etwas mehr, die queren bekommen weniger… oder wieder ganz anders rum ?!.
Will der eine Hochschuß damit bewirken möchte ein anderer ihn zur besseren Rückstoßverarbeitung, un der dritte schnitzt mit Begeisterung an jeden Schaft herrum ,Hauptsache die Kasse klingelt und der Kunde wird mit Pitch-Esotherik aus Lummerland zugedröhnt.

Fest steht allerdings, dass wir Menschen recht verschieden sind.
Muskelmasse am Hals und im Brustbereich, Brustform, Übergewicht und Bekleidung prägen dieses Bild .

custom6a-mittlere-webansicht-mittlere-webansicht.jpg

Derzeit ist man aufgrund der neuen dynamischen Schießtechniken dabei, den Pitch prinzipiell zu überdenken.
Dabei wird dankenswerter Weise das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet, sondern versucht, die früheren Auswüchse der fanatischen „Pitchbastler“ einzudämmen.
Die großen Hersteller stellen ihre Waffen meist mit einem sehr gemäßigtem, oder neutralem Pitch her , der vor allem eine möglichst große Auflagefläche der Schaftkappe fördern soll.
Dies ist ein richtiger Gedankengang, denn so werden auch die Rückstoßkräfte optimiert in den Körper der Schützen weitergeleitet.Wahrscheinlich die wichtigste Aufgabe des Pitches.

Ebenso richtig erscheint mir persönlich, dass der Pitch bei Waffen ,die im Voranschlag geschossen werden (Trap,ZZ,Pigeon etc), vernachlässigbar ist, da der Schütze seine Waffe vor jeden Schuß im Anschlag optimal auzurichten versucht.
Dazu richtet er i.d.R. seine Oberkörperhaltung anders aus ,als dies ein Jäger oder dynamischer Parcourscschütze tut.

Beim schnellen Jagd- oder Parcoursschuß , zeigt ein optimierter Pitch aber seine Stärke.
Doch Vorsicht.
Beim wilden,wahllosen Absäbeln sind schon viele gute Flinten ruiniert worden.
Hilfreich ist auch hier, ein ausgiebige Runde mit einem verstellbarem Schaft, oder für den Heimwerker, mit einer kleinen Auswahl an Zwischen-keilen, die man zwischen Schaftkappe und Schaft legt.

Bedauerlicherweise wird vielen Frauen immer noch zu einem starken Pitch geraten, wenn’s blaue Flecken von der Schaftspitze im oberen Brustbereich gibt.
Hier hilft keine Pitchveränderung, sondern eine abgerundete Schaftspitze und /oder ein schmaleres Schaftprofil!…manchmal auch einfach bessere Anatomiekenntisse.

Sie sehen, keine Hexerei, keine Geheimwissenschaft…. aber vielfach von Gerüchten und Halbwissen, Vermutungen und leider auch der Leidenschaft am schnellen Geld verfälscht.

Wer eine passende Flinte will, der begebe sich in die Hand von Profis, also von Leuten die sich berufsmäßig mit Flinten beschäftigen und damit auch ihren Lebensunterhalt verdienen.
Sie werden sehen, dass es bei diesen Leuten weder Dogmen oder Volksweisheiten, noch Abkürzungen zum Superschützen gibt.

Denn Training, Ernsthaftigkeit und Bescheidenheit, sind beim Flintenschießen ebenso wichtig wie ein passender Schaft.

Bunduki

Dieser Beitrag wurde unter Bundukis Flintenlehre, Flinten allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar