XXV…mehr brauch I ned !

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XXV ? Nein ,keine Sorge!
Nicht schon wieder die nervende Möbelreklame mit Mama Resi’s bayuwarisch-bräsigem Wampenwerbeclown.

XXV heißt 25Zoll und ist die kurze und prägnante Bezeichnung einer ,zugegebenermaßen, etwas antiquierten Flintenform.

Robert Churchill hat diese Art der DF erfunden und in seinen Büchern und Kursen als „the modern gun“ hochgelobt.
Natürlich nicht ganz uneigennützig,war er doch der damals einzige der diese Art von ultrakurzen Flinten herstellte.

Zwei Dinge kann man als Initioalzündung für die Entwicklung dieser Waffe sehen.
Erstens die Morgendämerung der Würgebohrung die damals in immer mehr Flinten (auch und gerade den bestguns) Verwendung fand ,und die Tatsache dass Herr Churchill “ a man of stocky built “ war; was heißen soll : ein kleiner und rundlicher Handwerker; kein tangotanzender Nobelsportsman.
Mit SEINER neuen kurzen Flinte war es nun ein leichtes, SEINE Schießtechnik zu praktizieren .
Eine Schießtechnik welche die Waffe blitzschnell auf kurzem Weg an die Wange hebt und dabei schon einen Teil des Schwunges zum Ziel einleitet,bzw. zum eigentlichen Schwung wird .
Ist die Flinte an der Wange, bricht auch schon der Schuß ,lles sehr flink und kurz, ohne die Eleganz seines damaligen Widersachers Percy Stanbury , der einen eleganten Schwung mit mehr Körpereinsatz forderte , sich langfristig durchsetzte und die modernen Schießarten beeinflusste bzw. heute noch z.B.in WestLondonSS gelehrt wird.

Da alles so flott geht, wird seine Schießtechnik bis zum heutigen als Instinktves Schießen misinterpretiert.
Nichts ist falscher, denn Kontrolle über den Anschlag und ein geradzu pedantisch,disziplinierter Schwung, sind bei der Anwendung der Churchill’schen Schießtechnik besonders wichtig !

Für Churchills Methode war aber die kurze Flinte ideal;ja, vielleicht war es die einzige Flinte, mit der diese Technik kompromislos durchgeführt werden konnte.
Beschränkte man sich bei den formalen Jagden auf die kurzen Entfernungen der Überkopf-fasane, hatte sowohl diese Schießtechnik, wie auch die kurze Flinte den Vorteil des blitzschnellen , fast artistischen Schusses.

Doch langfristig gehörte die Zukunft den „normal langen“ Flinten und Schießtechniken mit einer ausgewogeneren Körperdynamik.
Im Laufe der Jahre schwankten die Lauflängen je nach Mode und geschicktem Marketing zwischen 71 und 81 cm. Ein Schelm wer böses dabei denkt.
Die XXV von Churchill geriet in Vergessenheit.
Die Lauflänge von 63,5 cm wurde selbst von Skeetschützen als grotesk angesehen und die Flinte verschwand vom Markt…
Verschwand ?… nein nicht so ganz!
In einem kleinen gallischen Dorf „pardon“ in einem kleinen baskischen Dorf, baute man sie weiter…und weiter …so lange, bis auch in einem kleinen italienischen Dorf die Flintenbauer sich wunderten, dass immer wieder Kunden nach so einer „Churchill“ … oder „becaccia“ fragten.

So bauten die großen und die kleinen Spanier solche Flinten und bei den Italienern gab’s von Bernadelli bis Gamba alle Qualitätsstufen.
Meist gepflegte Boxlocks im englischen Stil, aber immer mit den typischen zwei Merkmalen:
Dem kleinen Korn und der trapezförmigen Schiene…beide direkt auf Churchill zurückweisend, der damit als erster, quasi nebenbei, die Vorteile der bewussten Schienenkonfiguration zur Lauflänge erkannte.
Kurz: das kleine Korn lässt die Läufe, in der periphär Sicht , länger erscheinen und das Trapez der Schiene „führt“ das Auge dabei zum Ziel .
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Meist sind die Läufe leicht überbohrt, was beweist, dass schon vor der Marketingerfindung des „backborings“ diese Technik üblich war.Doch gibts das genaue Gegenteil,das sogne.“underborig“
ebenfalls…Da pendelt sich das Laufmaß bei 18,2 ein.
In der Regel sind die Läufe ¼ und 1/2 gechoked…fast immer im Kaliber 12.
Wenige Spanier bauten die XXV in 20, noch weniger wurden verkauft.
Die Waffe ist dann schlicht zu leicht und schlägt unangenehm.

cid_002301c9103dbb3b1270fbf9fea9uweaddf118a5e1-kleine-webansicht.jpgBeispiele für spanisch italienische Arbeiten links AYA recht R.Gamba

Wer nun so was sein Eigen nennt UND benutzt, ist mit Sicherheit kein Durchschnittsschütze.
Jäger, die auf waldiges Terrain spezialisiert und/oder sehr diszipliniert Entfernung einhalten, welche, die viel Reisen und eine handliche und gleichwohl stilvolle Waffe (für alle Fälle) dabei haben möchten und die Sammler, denen so was „auch noch“ fehlt
Gemein ist jede Schützen bei der erfolgreichen Benutzung dieser Waffe, der sehr kontrollierte, exakt einstudierte Anschlag und ein bewusstes Bewegen der Waffe im langem Schwung.

Ja ! im langem Schwung, denn mit diesen Flinten kann man famos auch lange Tauben schießen. Nach dem altbayrischen Motto :Wer ko ,der ko !

Bei den Stammtischsttrategen und Wirtshausausbildern hört man regelmäßig, wenns um kurze Flinten geht: „… das führt nur zum Stochern…damit kann man nicht Schwingen!“
Na, was denn nun?
Als Stochern bezeichnet man das Stechen mit der Mündung nach dem Ziel,beliebt bei :
…Spotschützen (schießen auf einen Fleck und hoffen, das die Taube reinfliegt),
… sogenannten Tunnelschützen, die vor der Mündung eine Art Schrottunnel erwarten, um sich den Schwung zu sparen (beliebt bei 15 Schuß Trap Ausbilderpullern)
…gestochert wird auch von Leuten mit zu kurzen Schäften wenn die fehlenden cm mit Schulterschieben wettgemacht werden,
…und schlicht von allen Schützen die mit dem Korn zielen, wie beim Büchsenschuß.

Aber „Stochern“ , also was Grundsätzliches falsch machen, kann man mit jeder Lauflänge !

Eigentlich beweist die Ablehnung der kurzen 25 Zöller nur die gleiche Ignoranz ,wie bei der Ablehnung von SLF,VRF, blauen Schießwesten, die fanatische Propagierung einer absurden Grundhaltung oder das Katzbuckeln vor unlogischen Verbandsregeln.

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Wer sich mal an die Churchill gewöhnt hat , wird immer mal wieder zu ihr greifen und sich erfreuen an der „Leichtigkeit des Seins“… wie mit minimalistischem Aufwand ein Heidenspass beim Schießen rauskommt.
Gerade im Parcours , auf trickreiche Simultandoubletten in jagdllich realstischen Entfernungen, ist die Waffe in Ihrer nostalgischen Art traumhaft zu schießen.
Jagdlich wird sie heute noch an Italiens Küstenwäldern gerne eingesetzt und in Spanien sieht man sie im ganzen Land, ob auf hochformellen Jagden als Pärchen, als Bekassienenflinte, oder als altes abgenudeltes Arbeitsgerät von Flurwächtern mit „Medizin“ für Schwein und Vogel in den Läufen.

Meine hab ich durch Zufall gefunden,verdreckt und vergammelt auf einer Waffenbörse vor vielen Jahren wurde sie von einem Ignoranten als „Homedefencegun“ angepriesen.
Glück gehabt, denn unter allem Dreck war kein Rost, sondern eine kleine spanische Schönheit verborgen.
Sauberst überbohrt und mit langen Chokes und einer herrlichen Deckung gesegnet .
Und diese Waffe ergänzte die alte orginal Churchill, die mein Großvater noch vom Meister selbst gebaut bekam,die aber leider durch die „Rettungsversuche“ in der alliierten Nachkriegszeit, so einige böse Wunden hatte.
Wie meinen Großvater, begleitete mich die kurze XXV in alle möglichen Jagdländer und bereitete mir, wie weiland ihm, große jagdliche Freude und das Gefühl eine besondere Waffe zu beherrschen.
Und immer wieder erinnert sie mich an ihn und seine schmunzelnden Worte:“ so a kurzes Flinterl…aber, mehr brauchts halt ned“. Recht hatte er!

Im Laufe der Jahrzehnte gingen hunderte von Flinten durch meine Hände, doch nur wenige XXV waren dabei. Viele davon war stark gebraucht und jede einzelne hatte einen Besitzer, der sich niemals von ihr trennen würde und jede war voll von Geschichten.

Muß wohl einen Grund haben* 😉

Bunduki

* vielleicht ist es der Gebrauch von ungewöhnlichem ,der ungewöhnliches bewirkt…und die Tatsache dass eine Traube an der Rebe reift…
Frei nach Cpt.Augustu McCrea’s holprigen Latein: UVA UVAM VIVENDO VARIA FIT

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