SLF „reloaded“… der Cordobatest

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Was man so alles liest auf Jagdeinladungen.
„ Automaten und Tarnkleidung unerwünscht.“
…wie ?…wollte da jemand zum daddeln kommen?

„ die Benutzung von Vollerntern führt zum Ausschluß von der Jagd“
…was ? mit dem Harvester unterwegs…?

„den Prinzipien der Waidgerechtigkeit unterliegt auch die Waffenauswahl…nur DF und BDF“
…wann? …wurde das den von Old man Moses den Berg runtergeschleppt

Und dann liest der Flintenschütze bei der Planung einer Jagd so was:
“We recommend bringing two shotguns, your choice of gauge. Auto loaders are legal, and plugs are not required. If you bring an auto loading shotgun, you may want to bring spare parts and the necessary tools in case of a break down.”

Ja Du allerheiligster Frevert,was sind denn dass für Typen?

Des Rätsels Lösung : Ausländer !… und dann auch noch der fleischfressende Latinotyp…Gaucho,Tangotänzer und Bandeonspieler…also die allerschlimmste Art von Frauenverführern und Waidfrevlern.
Weit schlimmer als Kärtner, Italiener und Souvlakiköche.

Dennoch haben diese Pampaballerer immer mehr Zulauf. Es globalisiert sich eben auch die Jagd und mittels günstigem Dollarkurs und Stützstrümpfen „pour hommes“ für den langen Flug, ist WorldWideWingshooting kein Traum mehr.

Im Gegenteil:
Während anglomane Knickerbockerkarnevalisten in der ehem.volkseigenen Kartoffelsteppe der östlichen Nachbareuropäer, sich mittels zweitklassigen Kistelfasanen das Spekulationsportfolio ausplentern lassen, zieht es den „cazador de categoria“ ins Zauberland des Flintenschießens.

Ob nun im Nordosten Mexicos,in Uruguay um Cardona oder im Zentrum allen Begehrens,dem Taubenparadies auf den Hochebenen von Cordoba, für ein äusserst faires Entgeld erhält der „escopetero“ Jagden, die alles bisher erlebte in den Schatten stellen.

Die amerikanischen Vermittler sprechen von „High volume dove shooting“ und das ist es auch,sofern der Gast es wünscht.
Daneben kann er aber auch ganz gemütlich auf anderes Flug und Hochwild jagen.

Die meisten kommen aber, um einmal aus dem Vollen zu schöpfen. Abermillionen von Tauben wurden für die dortige Landwirtschaft längst zur Pest und so hat man aus der Not eine Tugend gemacht und wurde Jagdveranstalter.

Wie die Estancias aussehen findet man auch hier im Flintenblog.

Als ich vor 30 Jahren diese Art des Taubenschießen in Mexico kennenlernte und Argentinien auf romatischer Visite auch jagdlich besuchte (klingt das toll ?!) bin ich Täubchen,Tango und Fleischeslust (Steaks) verfallen (verstehe man dies, wie man will).

Da ich auch ebenso skurrile, wie reiselustige Querdenker/Querjäger zu meinen Kunden zählen darf,wurde vor einiger Zeit das „Cordoba-Training“ von mir entwickelt.
An zwei Tagen werden die typischen Situationen, die bei diesen Jagden vorkommen, simuliert.
Dabei stehen ermüdungsfreies Schießen ,optimierte Waffenhandhabung und die Taktik des „high volume shooting“ im Vordergrund.
Selektives schießen , „lesen“ der Flugbahnen und Auswahl der optimierten Schusswinkel sind die Ziele dieser Kurse.
Daneben gibt’s vom „shooting docter“ ( unserem Haus und Schießstand Doc) Tips für Reise, Klimawechsel und die körperliche Fitness bei der jagdlichen „tour de force“.

Beim letzten Mal haben wir die Gelegenheit genutzt, uns gemeinsam die Waffen mal näher anzuschauen.

Empfohlen werden von den Qutfittern grundsätzlich Selbstlader, ob der Rückstoßreduzierung und des günstigen Gewichtes.
In Argentinien und bei den US Gästen werden die 20er Flinten bevorzugt;die Deutschen bleiben mehrheitlich (noch) der 12er treu.

Auch bei uns haben sich drei Fabrikate in den letzten Jahren herausgemendelt. Alle anderen blieben auf dem langen heißen Weg durch 1000 Schuß pro Tag mit Ladehemmungen,gebrochenen Schäften,Schlagbolzen und losgelösten Schienen zurück…Friede ihrer Asche;“schad is net um des Gelumpe !“

Was blieb waren Benelli ,Beretta und Browning in ihren diversen modernen Ausführungen.
Diesmal bracht eine Teilnehmerein Ihr Päarchen nagelneue Benelli Cordobas cal 20 mit, die ob ihrer Gimmicks wie Porting und Magazineinsicht für Neugier und Interesse sorgten.

Neben den normalen Browning Golds ,war auch eine Päarchen Hochgetunte quasi „Großgoldene“ zu bewundern, die mit Maßschaft,vergrößerten Bedienelementen und der einzig funktionierenden Magazinverlängerung als am angenehmsten im Schuß und Handling empfunden wurde.

Die Beretta Urika kam sowohl in „Schlicht“ und auch leicht getunt,beide Male aber in sehr hübschem Holz.
Als eine DER Leihwaffen in Argentinien und Mexico hatte sie einen Ruf zu verlieren.

Alle Waffen wurden mit jeweils ca.2000 Schuß ohne Reinigung und Service benutzt.
Die Teilnehmer hatten Loader zur Seite, die die teilweise bis zu 10 Schuß langen Magazine
auffüllen mussten.
Hier besteht die erste große Hürde für jede Flinte. Wie angenehm lässt sie sich nachladen.
Frisst sie den Daumen ?

Nun, die Daumen der loader sahen hinterher alle nicht so gut aus,was aber auf die verladene Menge an Patronen zu schieben ist.
Die scharfen Kanten an den Jadelöffeln sind heut wirklich nur noch bei der 2.Riege der SLFs zu finden.
Mit Abstand am angenehmsten zu verladen war die Browning mit ihrem Speedload System, dass das Knöpfchendrücken des Entriegelungsknopfes überflüssig machte.

Sehr angenehm wurde hierbei auch von allen die vergrößerten Hebel (nachzurüsten) von Beretta empfunden.
Die in einer Waffe eingebauten leichten Federn für den Entriegelknopf von Briley gaben den Geist auf.
Nicht die einzige Enttäuschung bei dieser Firma.!

Das Handling der Benelli M2 und der Cordoba beim Beladen waren makellos .

Allerdings sind nach Ansicht aller Beteiligten, größere Bedienelement,besonders der Spannhebel von Vorteil.
Vergrößerte Sicherungen, Entriegelungshebel und Spannhebel gibt es bei Benelli und Beretta ex Fabrik, bei Browning ist man (wie üblich) auf den Zubehörhandel angewiesen.

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Dieser lieferte in Form von Briley und Teague auch die passenden Chokes.
Leider ist das Wort „passend“ in diesem Zusammenhang eher deplaziert.

Bei den hohen Schussserien (immer Zweierkadenzen der ganzen Magazinladung (5-max10 Schuß)) lockerten sich ALLE 12er Briley Chokes aus ALLEN Flinten;was im günstigsten Fall zu einer unschönen Verschmutzung der Chokegewinde führt.

Anders die verlängerten Modelle von Teague, die nur bei der Browning nicht festsitzen wollten und die Fabrikchokes der drei B’s die unerschütterlich blieben.
Lobenswert hier auch wieder Benelli und Beretta, die auch innerhalb ihrer Produktpalette genügend Auswahl hatten.

Aber nicht nur die Chokes wackelten, auch die Magazinverlängerungen erwiesen sich als üble Schwachstelle.

An den getunten Flinten befanden sich Modelle von Briley, SRM (Sure Cycle) und Nordic Components.
Briley enttäuschte hier ebenfalls. Viel zu schwer und zu voluminös.Es war auch keine Laufklemme anzubringen, die das selbstständige Aufschrauben durch die Schußerschütterung hätte vermeiden können.
Als der Besitzer dann die Nerven verlor und zu Locktite griff,war wenigsten das Lockerwerden beseitigt. Am Ende des Schießens musste allerdings zur Säge gegriffen werden um das eigentliche Magazingehäuse zu retten.

Nordic Components lieferte eine schlanke Verlängerung, die allerdings recht unsauber im Gewinde verarbeitet war.
SRM war der Gewinner.. Schlank und leicht und sauber gemacht.

Doch auch hier lockerte sich das ganze, wenn es nicht mit einer Laufklemme, die zusäzlich mit Schrumpfband UND Skateboardtape gesichert wurde ;was übrigends auch den Verlängerungen von Benelli empfohlen wird.
Solange der Griff des Schützen immer nach vorne geht, um zu sehen ob Magazin und Choke noch festsitzen, ist Konzentration und entspanntes Schießen nicht möglich.
Braucht man die langen Magazine?
Nein !… aber wenn sie funzen, erleichtern sie das taktische Schießen und nachladen ungemein.

Was lockert nun Choke und mag Verlängerung ? Es ist der Schlagimpuls des nach vorne schließenden Verschlusses(deshalb nur bei SLFs die Lockerung) ,der sich auch bis ganz nach vorne überträgt. Kleine Erschütterungen, die gerade auch sehr fein und sauber geschnittene Gewinde (wie bei Briley chokes) sich lockern lassen .

Bei einigen Flinten wurde auch die Hauptfedern gegen die aftermarketsätze von SRM getauscht. Eine verbesserte Zuverlässigkeit war nicht festzustellen.
Denn:
Alle Flinten fraßen auch in ungetunter Ausführung alles an was ihnen an Munition vorgesetzt wurde.
Von teurer B&P, bis zur obskuren Nonamepatrone die ein Freund aus Zypern mitbrachte, alles funzte!

Ladehemmungen aufgrund von Waffenstörung gab es keine einzige…was aber nichts über den „Fluchfaktor“ aussagte, den einige Teilnehmer erreichten, als sündhaft teure Munition sich als minderwertiges Gelumpe gegenüber billiger Südost Importware zeigte.
Dazu an andere Stelle mehr.

Zur Reinigung, die vor Jahren noch ein Knackpunkt bei Selbstladern war und bei vielen heute noch ist:
Alle Flinten waren speziell in der Abzugsgruppe ungeheuer verschmutzt.
Auch an den Gasaustrittsöffnungen der Gasdrucklader klebte hochfeste Debris.
Wer also von „selbstreinigenden Systemen“ schwafelt, lügt.
Allerdings hatte keine Waffe Fehlleistungen aufgrund des Schmutzes.

Im Ernstfall empfiehlt sich aber das Durchsprühen der Abzugsgruppe mit Reinigungsspray spätestens nach 1000 Schuß (also einem Cordoba-tag).
Zuviel unverbrannte Pulverblättchen und Schmauch sammeln sich dort und könnten zum Risiko werden.

Fazit dieses sehr subjektiven und sehr zweckgebundenen „learning hard by shooting even harder“ Versuchs:

Ab Fabrik ist jede dieser Flinten Cordoba, SanFernadoValley und Cardona gewachsen.
Die Tuningmaßnahmen sind großenteils überflüssig und stellen oft eine verzichtbare potentielle Schwachstelle vor.
Wer tunen läßt sollte auf jedenfall einen Härtetest damit durchführen.

Jeder Teilnehmer schoss auch andere Flinten gerne…die Präferenzen lagen aber im „angenehmen Schießempfinden“ bei der getunten Browning Gold ,wobei die Version mit Maßschaft im Rudy Etchen-stil eindeutig bevorzugt wurde.

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Die Beretta Urika wurde als das gesehen ,was sie nun mal immer war, ist und immer sein wird: Das zweifellos zuverlässigste und preisgerechteste Schießgerät der Gattung SLF mit stimmigem und passendem Fabrikzubehör..
Formschön und gut…mehr sog i ned!

Unser aller Darling aber war die Benelli Cordoba in Caliber 20.
Das angenehme Schießverhalten des kleinen Kalibers und die wertige Verarbeitung der Waffe trösteten ( sogar mich ) über den schwarzen Kunststoffschaft hinweg.
Der mag ja technisch ein Schmakerl sein, allerdings merkten die Schützen beim cal 12 nichts davon wenn sie die M2 mit Holz gegen ebensolche mit Kunstoffschaft tauschten.
Die Cordoba ist leider recht teuer aber wenigsten sofort ab Lager Deutschland lieferbar, was für eine rührige Vertriebsabteilung spricht (im DE Katalog des importeurs ist sie nämlich leider nicht aufgeführt).

Zusammenfassend noch ein Tip für alle, die es nach Argentinien treibt.
Zwei identische Flinten und trotz aller Zuverlässigkeit Schlagbolzen, Korne, Zubringer etc. mitnehmen!
Tuning ist fein, aber erfreut meist nur den Tuner.
Wichtig ist vor allem Fitness , eine gesunde entspannte Einstellung und die Fähigkeit sich selbst und die eigene Leistung gut einzuschätzen.

Bei aller Technik den Spass bei der Jagd nicht vergessen. 😉

Bunduki

PS
Ich danke allen Teilnehmern dafür, Ihre geliebten Flinten auch für die weiterführenden Test zur Verfügung gestellt zu haben. Somit waren alle Versuche unabhängig und ungesponsert.
Deswegen auch keine Firmenlinks,Banner etc. 😉
Ausserdem danken wir den italienischen Freunden für die Mühe, die sie sich mit dem liebevollen Parcoursaufbau gemacht haben .

Wer sich noch Apppetit auf Tango,Malbec und Täubchen machen will,fndet hier noch ein paar kleine bewegte Bildchen

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